• Trichotillomanie

Trichotillomanie

Eine Trichotillomanie kann Kinder und Erwachsene gleichermaßen treffen. Die ersten Anzeichen zeigen sich zumeist bereits im Kindesalter. Es handelt sich dabei um zwanghaftes Ausreißen der Haare. Die Folge können ausgedünntes Haar und kahle Stellen sein. Dahinter steckt eine psychologische Störung, die mit einer psychologischen Behandlung therapiert werden kann.

Das Krankheitsbild der Trichotillomanie

Eine Trichotillomanie ist eine Zwangsstörung, die zumeist bereits im Kindesalter oder in der Pubertät auftritt. Grundsätzlich kann diese Zwangsstörung in jedem Lebensalter auftreten. Die Betroffenen leiden unter einer psychischen Störung, unter Ängsten, einem Verlust oder einem psychischen Trauma. Die Situation ist für den Betroffenen buchstäblich „zum Haare ausreißen“.

Sie reißen sich die Kopfhaare aus. Zuvor spielen sie häufig mit den Haaren, drehen sie mit den Händen und streicheln sich damit im Gesicht oder über den Mund. Einige Betroffene kauen auch auf den Haarsträhnen herum, bevor sie sich die Haare schließlich ausreißen. Sie reißen einzelne Haare oder ganze Haarsträhnen aus.

Während einige Betroffene selektiv vorgehen und abstehende, graue oder widerspenstige Haare ausreißen, gehen andere Betroffene wahllos vor. Im Laufe der Zeit lichtet sich das Haar oder es kommt zu kahlen Stellen. Da die kahlen Stellen asymmetrisch auftreten, reißen sich die Betroffenen häufig auch auf der anderen Seite des Kopfes die Haare aus.

Das Ausreißen der Haare erfolgt meistens in bestimmten Situationen. Obwohl die Betroffenen Schmerzen an anderen Körperregionen verspüren, bereitet ihnen das Ausreißen der Haare häufig keine Schmerzen.

Etwa 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung sind von einer Trichotillomanie (TTM) betroffen. Die Leidenden schämen sich häufig, über ihr Problem zu sprechen. Aus Angst, darauf angesprochen zu werden, kaschieren sie die kahlen Stellen mit Perücken oder Mützen.

Symptome einer Trichotillomanie

Trichotillomanie ist der Zwang, sich selbst die Haare auszureißen. Zumeist werden die Kopfhaare ausgerissen, doch können auch Augenbrauen, Wimpern, Barthaare oder Schamhaare ausgerissen werden. Dieser Zwangsstörung liegt ein psychisches Problem oder eine Angst zugrunde oder die Betroffenen haben einen Ordnungszwang und fühlen sich gezwungen, auf ihrem Kopf „aufräumen“ zu müssen.

Sie reißen einzelne Haare oder ganze Haarsträhnen aus. Einige Betroffene knabbern die ausgerissenen Haare an oder essen sie auf. Die Betroffenen können sonst völlig gesund sein und keine weiteren Krankheitsbilder zeigen.

Einige Erkrankte nehmen das Ausreißen der Haare bewusst vor, während andere das Ausreißen gar nicht wahrnehmen und sich erst später dabei ertappen, dass sie sich die Haare ausgerissen haben.

Das Auszupfen der Haare erfolgt phasenweise, häufig nach besonderem psychischem Stress. Durch das Ausreißen der Haare lichtet sich das Haar. Die Kopfhaut kann sichtbar werden. Es kann auch zu kahlen Stellen kommen, die nicht wieder verschwinden, wenn die Haare immer wieder ausgerissen werden.

Diagnose der Trichotillomanie

Verspüren Sie bei sich selbst eine Trichotillomanie oder bemerken Sie diese Zwangsstörung bei Ihrem Kind oder einem anderen Familienmitglied, sollten Sie den Hausarzt aufsuchen. Er erkennt an der Schilderung der Verhaltensweise und am Bild der Kopfhaut, ob eine Trichotillomanie vorliegt.

Darüber hinaus stellt er Fragen zur Lebenssituation, zu Angststörungen und zu traumatischen Ereignissen. Die Betroffenen leiden häufig zusätzlich unter Anspannung oder einer inneren Unruhe. Der Arzt erkennt solche Anzeichen. Er kann zusätzlich an einen Psychotherapeuten überweisen, der in einer Gesprächstherapie die Ursachen aufdeckt und die entsprechende Behandlung einleitet.

Ursachen der Trichotillomanie

Die Ursachen einer Trichotillomanie sind noch nicht vollständig aufgeklärt. In den meisten Fällen ist diese Zwangsstörung in einer Angststörung oder in psychischem Stress begründet. Die Betroffenen stehen häufig unter einer starken inneren Spannung und verspüren Erleichterung, nachdem sie sich die Haare ausgerissen haben.

Personen, die nur wenig stressresistent sind, leiden besonders häufig unter einer Trichotillomanie. Hinter dem zwanghaften Ausreißen der Haare steckt häufig eine Angststörung. Solche Ängste können vielfältig sein: Prüfungsängste, Versagensängste, Verlustängste, Angst vor einer bestimmten Situation.

Auch sexueller Missbrauch, körperliche und seelische Misshandlung, Mobbing am Arbeitsplatz oder in der Schule, familiäre Konflikte, der Verlust eines geliebten Menschen oder des Arbeitsplatzes, aber auch ständiger Druck können zu einer Trichotillomanie führen.

Weitere Ursachen können vermindertes Selbstwertgefühl, Unzufriedenheit mit sich selbst und mit dem eigenen Äußeren oder der Hang zur Perfektion sein. Ereignisse, die erst vor kurzem eingetreten sind, können ebenso zu dieser Zwangsstörung führen wie Ereignisse, die bereits länger zurückliegen.

Die Erkrankung kann die Folge einer posttraumatischen Belastungsstörung sein oder mit einer posttraumatischen Belastungsstörung einhergehen. Studien zufolge haben mindestens zwei Drittel der Betroffenen einmal oder mehrmals im Leben ein traumatisches Erlebnis erfahren. Psychologen gehen davon aus, dass eine Trichotillomanie auch durch genetische Faktoren ausgelöst werden kann.

Folgen der Erkrankung

Im Verlauf der Trichotillomanie kann es zu kahlen Stellen auf dem Kopf kommen, die immer größer werden. Die Haare wachsen nicht wieder nach, wenn sie immer wieder ausgerissen werden. Tritt die Zwangsstörung bereits im Kindesalter auf, besteht Aussicht auf eine gute Therapierbarkeit, sodass die Zwangsstörung irgendwann geheilt wird.

Die Zwangsstörung kann über einige Zeit unauffällig sein, doch kann es in bestimmten Situationen wieder zum Ausreißen der Haare kommen. Das ist dann der Fall, wenn wieder Ängste, psychischer Stress oder eine Erinnerung an ein zurückliegendes traumatisches Erlebnis auftreten.

Bei Patienten, die ausgerissene Haare essen, können sich im Magen und im Darm Haarballen bilden, die zu Verstopfungen führen können. Schlimmstenfalls kann es zu einem Darmverschluss kommen.

Für die Betroffenen können die kahlen Stellen eine Belastung darstellen. Sie versuchen, ihr Problem zu kaschieren, und greifen zu Perücken oder Mützen. Kann das Problem nicht mehr kaschiert werden, fürchten Patienten oft, darauf angesprochen zu werden. Das kann zur sozialen Isolation führen.
Liegt eine schwerwiegende psychische Störung als Ursache für die Trichotillomanie vor, kann sich diese Störung im Laufe der Zeit verschlimmern.

Behandlungsmöglichkeiten und Therapie bei Trichotillomanie

Ist die Zwangsstörung nur schwach ausgeprägt, ist es sinnvoll, sie zu beobachten. Eine Behandlung ist noch nicht sofort erforderlich. Tritt die Trichotillomanie bei Kindern vor dem 6. Lebensjahr auf, verschwindet sie häufig vor dem 6. Geburtstag wieder. Bei einem verstärkten Auftreten der Zwangsstörung mit lichtem Haar oder kahlen Stellen als Folge ist eine Verhaltenstherapie erforderlich.

Auch eine Gesprächstherapie kann helfen. Sie ist besonders dann sinnvoll, wenn eine posttraumatische Belastungsstörung, Ängste oder ein traumatisches Erlebnis als Ursache diagnostiziert werden. Patienten, die unter Depressionen leiden, können mit Antidepressiva behandelt werden.

Auch autogenes Training, progressive Muskelentspannung oder verschiedene Maßnahmen zur Stressbewältigung können helfen.

Das Habit Reversal Training setzt sich aus verschiedenen Therapiebausteinen zusammen, die abhängig vom Ausmaß der Erkrankung angewendet werden können:

  • Aufmerksamkeitstraining: Die Kranken beobachten sich selbst und registrieren den genauen Handlungsablauf mit Situation, Gedanken und Gefühlen
  • Einüben konkurrierender Verhaltensweisen: Verhaltensweisen, die das Ausreißen der Haare unmöglich machen, werden festgelegt. Beim Auftreten des Impulses wird die neue Verhaltensweise mindestens für zwei Minuten angewendet.
  • Entspannungstraining: Verschiedene Entspannungsverfahren können langfristig gegen das Ausreißen der Haare helfen.
  • Verstärkung: Bewusstes Wahrnehmen der positiven Wirkungen und Absprache von Belohnungen, wenn die Haare nicht ausgerissen werden.
  • Generalisierungstraining: Die erlernten Techniken werden auf Alltagssituationen ausgeweitet und angewendet.

In verschiedenen Städten gibt es bereits Selbsthilfegruppen für Patienten mit Trichotillomanie. Dort können sich die Betroffenen untereinander austauschen und verschiedene Verhaltensmuster erlernen, die sie vom Ausreißen der Haare abbringen.

Leiden Sie unter Trichotillomanie, können Sie ein Tagebuch darüber führen, in welchen Situationen Sie sich die Haare ausreißen. Sie sollten das Datum der einzelnen Situationen nicht vergessen. So können Sie feststellen, wie häufig Sie sich die Haare ausreißen und ob längere Phasen ohne die entsprechenden Zwänge zu verzeichnen sind. Nicht immer kann eine Trichotillomanie vollständig geheilt werden.

Trichotillomanie und Haartransplantation

Eine Haartransplantation ist bei einer Trichotillomanie nur dann sinnvoll, wenn davon auszugehen ist, dass der Patient von der Zwangsstörung geheilt ist. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass auch die Transplantate irgendwann ausgerissen werden.

Bei großen kahlen Stellen können aus den Stellen, an denen noch genügend Haare vorhanden sind, Haarfollikel mit einer Hohlnadel entnommen werden. Dabei werden Grafts entnommen, die aus ein bis fünf Haarfollikeln bestehen. Diese Grafts werden in die vorbereiteten kahlen Stellen eingepflanzt.

Die Entnahmestellen der Haare heilen narbenfrei ab. In den ersten Wochen nach der Transplantation sollte der Patient körperliche Anstrengungen vermeiden. Die transplantierten Haare fallen zwei bis sechs Wochen nach der Transplantation aus.

In dieser Zeit gehen die Haarfollikel in die Ruhephase. Nach etwa drei Monaten wachsen die Haare wieder nach. Bei einer erfolgreichen Transplantation haben sich die transplantierten Haare nach etwa einem Jahr gekräftigt.

Fazit: Trichotillomanie – eine Zwangsstörung

Eine Trichotillomanie ist eine Zwangsstörung, die bereits im Kindesalter oder in der Pubertät auftreten kann. Auch bei Erwachsenen kann diese Zwangsstörung noch auftreten. Bei Kindern, die jünger als sechs Jahre sind, kann die Störung bis zum sechsten Geburtstag wieder verschwinden.

Die Betroffenen reißen sich Haare aus und verspüren danach eine Erleichterung. Es kommt zu ausgedünntem Haar oder kahlen Stellen. Eine Behandlung kann in Form einer Verhaltens- oder Gesprächstherapie erfolgen. Die Ursachen einer Trichotillomanie sind zumeist psychische Störungen.